Von den Tieren in Tyssa und Umgebung

Von Dr. Friedrich Blechinger

Meine Liebe zu den Kriechtieren und Lurchen geht in meine früheste Kindheit zurück. In unserem Wohnzimmer hing über einem Tisch ein Bild, das eine Ringelnatter darstellte, die gerade einen Frosch ergriff. Es war eine Zeichnung des bekannten Tiermalers Specht. Schon früher hatte mir mein Vater zwei bunte Wandtafeln gekauft, eine einen Fuchs, die andere Hasen darstellend.

So ist es denn nicht verwunderlich, dass ich genau wusste, wo Schlangen, Eidechsen und Frösche zu finden waren.

Wasserfrösche (rana esculenta) gab es in Tyssa nur in meiner frühesten Jugend. Sie waren im Tyssaer Bach häufig, waren aber heftiger Verfolgung durch die Buben des Ortes ausgesetzt. Diese liebten ein Spiel, das sie „Hetschenprellen“ nannten. So ein armer Frosch wurde auf einem Brett solange in die Luft geschlagen, bis er tot war. Ich glaube aber nicht, dass die Ausrottung der Wasserfrösche im Tyssa-Bach auf diese Technik allein zurückzuführen ist. Sicher hatte das Abwasser der Fabriken viel Schuld. Eine zweite Fundstelle war der Ziegelteich, aber auch hier waren die Frösche vor der Ausrottung nicht sicher. Der Ziegelteich hatte Fische und diese waren nach Ansicht des Fischereipächters von den armen Fröschen bedroht: Die Frösche setzen sich angeblich den Fischen auf die Köpfe und drücken ihnen mit den Vorderbeinen die Augen aus! Also wurde aller ergreifbarer Froschlaich an Land gezogen, wo er elendiglich verdorrte. Diese Ansicht des Pächters riecht sehr nach Fabel. Wohl kommt es vor, dass ein Froschmann im Frühjahr wenn er kein Weibchen gefunden hat, auch mal ein Stück Holz umarmt, aber das ist wohl die Ausnahme von der Regel, es könnte in seltenen Fällen vielleicht auch einmal ein Fisch sein, aber wie oft mag solches wohl vorkommen!

Die schmucken Moorfrösche (Rana arvalis) fand man in der Fütterung. Dort hatte ich mir selbst zwei gefangen und in einem großen Akkumulatorenglas, dessen mit Erde bedeckter Boden mit Gras besät war, gepflegt. Die Fliegen musste allerdings meine Mutter fangen.

Bergeidechsen (Lacerta vivipara) hausten häufig hinter den Tyssaer Wänden in den niedrigen Kiefern. Die Zauneidechse (Lacerta agilis) gab es bei uns nicht, wohl aber in dem tiefer gelegenen Königswald.

Die Schlangenwelt war mit drei Arten in der Tyssaer Gegend vertreten. Die Kreuzotter war die gemeinste Schlange, sie war schon wenige Meter von der Dorfstraße hinter den Wänden in den niedrigen Kiefern anzutreffen, ebenso im Schneeberger Revier und im Oberwald bis zum Hofer-Berg. Dort Himbeeren pflücken war deshalb bei den Frauen nicht sehr beliebt. Ein Dorado der Ringelnatter war in meiner Jugend der Ziegelteich. Am frühen Morgen lag im Sommer eine hinter der anderen zum Teller zusammen gerollt am grasigen Nordufer. Ging man am Ufer dahin, dann rollte eine nach der anderen ins Wasser. Griff man rasch zu, dann konnte man sich schon leicht welche fangen. Ging man gegen Abend am Ostufer des Ziegelteiches entlang, dann fand man die Nattern zwischen den Steinen der Uferböschung, wo man sie leicht herausziehen konnte. Es machte Spaß, sie ins Wasser zu werfen und zu sehen, wie sie elegant davon schwammen. Aber auch dieses Paradies wurde zerstört. Als Habel seinen Bade- und Wochenendbetrieb dort errichtete, gab es keine Schlangen mehr.

Die Glatte Natter (Coronella austriaca) habe ich erst später, in einem Exemplar zwischen Eulau und den Rabenhaus beobachtet. Auch die Aeskulapschlange (Elaphe longissima) scheint in dieser Gegend beheimatet gewesen zu sein. Als ich einmal beim alten Wend zu Besuch war, hörte ich ihn erzählen, dass man beim Rabenhaus eine sehr große Schlange erschlagen hätte, die niemandem bekannt gewesen sei. Es kann sich wohl nur um die Aeskulapnatter gehandelt haben, deren Vorkommen auch für Böhmen berichtet wird.

Auch die Erdkröte (Bufo bufo) war in Tyssa zu sehen. Wir hatten öfters welche im Garten. Eine Kröte sah ich einmal an der Tyssaer Dorfstraße, die ich in Freiheit nie wieder gesehen habe: Die Grüne oder Wechselkröte (Bufo viridis).

Beinahe hätte ich noch die Blindschleiche vergessen, der man ebenfalls öfters begegnete. Meine Mutter mochte diese Tiere so gern und es war ein eigenartiger Zufall, dass sich eine just auf ihrem Grabe eingenistet hatte.

Ein seltenes Tier fand man bei Peterswald am Sattelberg: Den Ziesel, ein rattengroßes Nagetier von Murmeltiergestalt. Dort habe ich auch einmal ein totes Wiesel gefunden und mir vom Wendt Julius ausstopfen lassen. Natürlich gab es bei uns Füchse, Hasen und Rehe. Bei Jäger hatten sie einen Fuchs an der Kette wie einen Hund. Hirsche und Wildschweine gab es im Schneeberger Revier. Es war für manchen Naturfreund so etwas wie eine Herbstwallfahrt, nach Schneeberg zu gehen, um die Hirsche röhren zu hören.

Raubvögel waren bei uns häufig: Turmfalk, Sperber, Habicht, Mäusebussard. Gelegentlich fand sich ein Baum- oder ein Wanderfalk ein. Einmal fand ich einen Baumfalk mit nur einem Flügel; da ich ihn nicht füttern wollte und er sich selbst keine Nahrung mehr suchen konnte, habe ich ihn erschießen lassen. Früher hat es in Tyssa auch Steinadler gegeben. Das Auerwild, von dem ich noch einen Hahn beobachten konnte, ist ebenfalls verschwunden.

Im Winter kamen Seidenschwänze, Ziemer (Krammetvögel) und Rauhfußbussarde aus dem Norden zu uns.

Den Ziegelteich bevölkerten das grünfüßige Teichhuhn und das Blesshuhn.

Es war eine herrliche Einrichtung, die Tiere so nahe vor der Tür zu haben und oft zog es mich hinaus in die herrliche Gottesnatur unserer schönen Heimat, um sie auf freier Wildbahn beobachten zu können.