Ortsgründ
Ortsgründungen und erste Entwicklung
Peterswald
Unter den Deutschen, die im 13. Jahrhundert im Lande der Pržmysliden siedelten, war ein Thüringer namens Peter. Als Anführer einer Siedlerschar legte er um das Jahr 1240 den Grundstein zur Siedlung Peterswald am Nordabhang des östlichen Erzgebirges in 551 m Höhe (Basis der späteren Kirche), im Tale eines oberhalb des Dorfes in 661 m Höhe entspringenden und in die Gottleuba mündenden Baches gelegen. Die Waldhufen wurden zu beiden Seiten des Dorfbaches zwischen 433 m und 661 m Höhenlage in einer Ausdehnung von 5 Kilometern entlang des Baches angelegt. Für die Anlage der Hofstätten zu den ursprünglich 79 Hufen waren die Grundwasserverhältnisse maßgebend, so daß das Dorf etwas abseits einer bereits bestehenden Landstraße – der Salzstraße, die Böhmen mit Sachsen verband – angelegt wurde. Das Tal, in dem es sich ausbreitete, fällt allmählich vom Nollendorfer Kamm (674 m) in Richtung Sachsen ab. Die umliegenden Höhen, die nach Norden eine lohnendere Aussicht bieten als nach Süden, sind der Bernhardsberg (613 m), der Kralberg (583 m), der Hirschberg (581 m) und der Schlösserberg (599 m).
Urkundlich tauchte der Name Peterswald in seiner deutschen Form zum ersten Mal im Jahre 1352 auf, als die dann schon seit einiger Zeit existierende Kirche zum ersten Mal erwähnt wurde. Sehr oft wurde der lateinische Name Petrisilva verwendet. Im Ortsnamen hat sich der Name jenes Peter erhalten, der als Unternehmer (locator) das vom Landesherrn zur Gründung eines Dorfes bestimmte Gebiet gegen eine bestimmte „Anleit“ übernahm und sich verpflichtete, es in einer gewissen Zeit mit Ansiedlern zu bevölkern. Für seine Mühe erhielt er eine Freihufe und bestimmte Vorrechte, wie die Dorfgerichtsbarkeit und das Recht des Bier- und Salzschanks.
Seit 1352 waren die Patrone der Kirche in Peterswald die Herren von Wartenberg, die im nördlichen Böhmen reich begütert waren, so Benesch von Wartenberg (1367-1371) auf Tetschen, Sigmund von Wartenberg (1429) auf Blankenstein und dessen Vetter Johann (1452), der mit dem Kurfürsten von Meißen um die Gerichtsbarkeit von Peterswald im Streite lag. Die Grenze zu Sachsen, die zum Teil die nördliche Ortsgrenze Peterswalds ist, wurde erst im Jahre 1459 auf dem “Tag zu Eger” festgelegt. Pirna, Gottleuba und andere Orte, die zum Dekanat Aussig gehörten – wie Königstein, Reinhardsdorf, Hermsdorf, Markersbach, Ölsen und Rosenthal – wurden an Meißen abgetreten. Im Jahre 1506 bildeten Peterswald, Nollendorf und Schönwald ein Zubehör zur Herrschaft Graupen und verblieben dabei bis zum Verkauf dieser Herrschaft im Jahre 1579.
Nollendorf
Die Gründung Nollendorfs in 674 m Höhe (Basis der Kirche) unmittelbar am Erzgebirgskamm erfolgte bereits um das Jahr 1100, etwa gleichzeitig mit den Orten Zinnwald und Graupen. Nollendorf war ein Waldhufendorf mit 35 Huben.
Nollendorf verdankte seine Gründung den umliegenden Gold- und Silbervorkommen. Ein Schriftstück besagte, daß man in den Eingeweiden der im Grabenwegbach gefangenen Forellen Gold- und Silberkörnchen gefunden hatte. Dies veranlaßte Harzer und Thüringer Bergleutezum Erzgebirgskamm zu wandern, um zunächst das Gold- und Silbergranulat aus den Sand- und Schuttmoränen auszusieben. Später förderte man in kleinen Stollenbetrieben und in der “Segen-Gottes-Zeche” nicht nur Silbererz, sondern vor allem Eisen- und Kupferkies, Bleiglanz und Zinkblende. Der Zechberg, 792 m hoch gelegen, hatte seinen Namen durch diese Zeche bekommen.
Ursprünglich reichte Nollendorf zwischen Hornkuppe und Schielhaushöhe bis an den Zechberg heran. Das Dorf erstreckte sich vom Keiblerberg bis hinab zum Fuß des Wagnerberges bei Königswald. Die waldreiche Schlucht unterhalb des Ortes nannten die Bergleute nach dem mittelhochdeutschen Wort telle, In der Tellenz oder In der Tellnz. Daraus entstand später der Name Tellnitz für den im Tal liegenden Nachbarort. Weil die Bergleute am Berg wohnten, nannten sie ihren Wohnort Nollendorf, von Nolle (mhd. = Spitze oder Hügel) abgeleitet. In deutscher Mundart wurde der Ort bis zuletzt noch immer “Nolndarf” oder “Nolndorf” ausgesprochen.
Das Klima im oberen Teil des Dorfes war wegen der hohen und exponierten Lage sehr rauh, aber gesund. Dichte Nebel traten häufig auf. Das Klima im unteren Teil des Dorfes war weit milder. Die Bewohner ernährten sich zum größten Teil von den Erträgen des Ackerbaus. Angebaut wurden Roggen, Hafer, Kartoffeln, Kraut, Rüben, Wicken und Klee. Während im unteren Teil des Dorfes Äpfel, Birnen, Pflaumen und Kirschen gediehen, fand man im Oberdorf höchstens die Vogelkirsche. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts befriedigte das Handwerk den notwendigsten Bedarf. Im Unterdorf stand eine Mühle. Ein Teil der Bewohner betrieb Samtweberei, deren Erzeugnisse nach Königswald und Peterswald geliefert wurden. Auch mit Hopfen wurde gehandelt.
Große Bedeutung erlangte Nollendorf durch seine geographische Lage an einem Erzgebirgspaß, dem es seinen Namen verlieh. Einer der ältesten Wege, die Böhmen mit Sachsen verbanden, führte quer durch den Ort. Die Bäche “Luhpuhc” bei Nollendorf und “Olesnice” bei Peterswald waren Wegweiser durch den damals noch dichten Grenzwald. Dieser Weg bildete auch die westliche Grenze für den “Johanniterwald”, der im Jahre 1169 dem Ritterorden des Heiligen Johann, den Johannitern, von König Wladislaw von Böhmen geschenkt worden war. Bei Nollendorf endete das Erzgebirge mit seiner Granit- und Gneisformation, und es begann das Elbsandsteingebirge.
Um 1310 wurden die Herren von Lungwitz (aus Sachsen) Besitzer von Nollendorf. Im Jahre 1404 tauschten sie diesen Besitz gegen ein Gut bei Doppitz mit Wenzel von Wartenberg auf Blankenstein. Die Wartenberger waren aus strategischen Gründen an Nollendorf interessiert, denn sie konnten von den Nollendorfer Höhen die Orte Peterswald und Schönwald beobachten, die damals zu Meißen gehörten. Ab 1495 unterstand auch Nollendorf dem Bistum Meißen. Im Jahre 1506 kamen Nollendorf und Peterswald zur Herrschaft Graupen. Im Verzeichnis der Besitzungen der Herrschaft Graupen, datiert vom 20. Januar 1507, wird unter anderem der Klatower Meierhof genannt. Mit Klatow dürfte das heutige Nollendorf gemeint gewesen sein. Erst in einem späteren Verzeichnis (1537) wird der Ort ausdrücklich Nollendorf genannt.
Schönwald und Jungferndorf
Zu Beginn des 12. Jahrhunderts werden Böhmischkahn, Deutschkahn, Peterswald, Nollendorf und pulcher mons (= Schönberg), aus dem später Schönwald wurde, als Kirchenorte des östlichen Erzgebirges genannt. Schönwald war damals im Besitz des Johanniterordens, dem Wladislaw I. – auf Bitten seines Bruders Heinrich – einen Wald bei Olsenice, dem späteren Oelsen, geschenkt hatte. Dieser Wald erstreckte sich bis in den mittleren Wald Hwojen bei Böhmischkahn. Die Johanniter begünstigten die deutsche Besiedlung Nordböhmens.
Um das Jahr 1322 erwarben die Wartenberger Anteile des Johannitergebietes und besetzten einige Jahre danach die Pfarrpfründe von Königswald, Peterswald, Schönwald und Kulm. Später gehörte Schönwald zur Herrschaft Graupen, die den Herren auf Kolditz gehörte. Gegen Mitte des 15. Jahrhunderts befehdeten sich Hans von Kolditz auf Graupen und Johann der Jüngere von Wartenberg wegen strittiger Gebiete und unbestimmter Grenzen. Am 2. Januar 1487 verkaufte Timo von Kolditz die Herrschaft Graupen an Ernst von Schönburg auf Glauchau in Sachsen. Danach wechselten die Besitzer von Graupen recht häufig, bis am 24. April 1537 Wenzel von Wartenberg die Herrschaft, die damals 24 Städte und Dörfer umfaßte, kaufte. Zwischen 1537 und 1545 schlichteten kursächsische und königlich-böhmische Kommissionen Grenzstreitigkeiten. Die Auseinandersetzungen erfaßten auch einen Bach bei Schönwald, den der Bünau auf Lauenstein für sich beanspruchte. Erst das gute Einvernehmen Kaiser Ferdinands mit Moritz von Sachsen machte den Grenzstreitigkeiten ein Ende. Die Grenze wurde damals so festgelegt, wie sie heute noch besteht: Sie verlief von da ab nahe der Dörfer Zinnwald, Voitsdorf, Müglitz, Streckenwald, Schönwald und Peterswald, die alle zu Böhmen gehörten, während Bienhof, Kleppisch und Rosental zu Meißen im Lande Sachsen geschlagen wurden.
Als sich Wenzel zu Wartenberg nach 1546 des Kaisers Feinden anschloß, wurde er der Majestätsbeleidigung für schuldig befunden und seines Graupener Besitzes für verlustig erklärt. Der Besitz fiel an den König von Böhmen. Am 15. Januar 1580 verkaufte Kaiser Rudolf II. die Dörfer Schönwald, Nollendorf und Peterswald nebst Waldstrecken an der Oberen Tellnitz und Sernitz für 12.146 Schock1 und 29 Groschen an den Reichspfennigmeister (Zahlmeister) Tam (Damian) von Sebottendorf, der seine Erwerbungen zu einer Gutsherrschaft mit Sitz in Schönwald machte.
In der Topographie des Leitmeritzer Kreises aus dem Jahre 1787 – verfaßt vom Ordenspriester der frommen Schulen, Jaroslaus Schaller, ist der Ort Schönwald wie folgt beschrieben: Schönwald, ein Dorf von 172 Nummern, mit einem Schloß und Meyerhof, liegt in hohem Gebirge an den äußersten sächsischen Grenzen, 14 Postmeilen2 von Prag, 2 Meilen von Außig, 2½ Meilen von Teplitz und 4 Meilen von Dresden entfernt. Den Ort durchströmt ein aus den nahe liegenden Forellenteichen herbeieilender Mühlbach, der im Dorf 11 Mahl- und 3 Brettmühlen treibt. An dem unteren Teil des Dorfes rieselt ein von den Anhöhen herabfallendes Bächlein vorbei, das die Grenze zwischen Böhmen und Sachsen bestimmt und sich bald darauf mit dem vorgedachten Mühlbache vereinigt. Gleich hinter diesem Grenzbache sind zwei sächsische Häuser angebaut. Nicht ferne von dannen liegt der sogenannte Spitzberg, von dessen Gipfel bei hellem Tage die Städte Pirna und Dresden, die Festung Königstein und andere entlegene Gegenden ganz leicht auszunehmen sind. Der deutsche Landmann sucht hier seine Nahrung größtenteils im Spinnen und einem wenigen Flachs- und Ackerbaue, der aber der rauhen und ungestümen Witterung wie auch der häufigen Sommerfröste wegen nur Korn und Hafer trägt.
Dieser Beschreibung des Ortes und seiner Umgebung folgt eine weitere in der Ausgabe 1833 der Topographie des Leitmeritzer Kreises von Johann Gottfried Sommer: Schönwald, am nordwestlichen Abhang des Erzgebirges, in einem sich von Südost nach Nordwest ziehenden, von dem nach Sachsen gehenden Gottleuba-Bach durchströmten Tale und am südlichen Fuße des Spitzbergs gelegen, ist ein gegen eine Stunde langes, bis an die sächsische Grenze reichendes Dorf von 261 Häusern mit 1657 Einwohnern, 5 Meilen von Leitmeritz, 2½ Meilen von Teplitz und ½ Meile von Peterswald, der nächsten Poststation, entfernt. (Der Ort) hat ein herrschaftliches Schloß mit dem Sitze des obrigkeitlichen Wirtschaftsamtes, 1 Bräuhaus auf 24 Faß3 4 Eimer, 1 Branntweinbrennerei, 1 Meierhof und 1 Schäferei; ferner 4 Wirtshäuser, 12 Mahlmühlen, 1 Öl- und Hirsemühle und 3 Brettmühlen. In dem von Joseph Rudolph Grafen von Schönfeldt gestifteten und 1706 erbauten und dotierten Spital werden 7 Arme verpflegt.
Über das Alter der hiesigen Pfarrkirche „Zu Mariä Himmelfahrt“, welche 1790 (wieder)erbaut und 1795 eingeweiht worden war, läßt sich nichts Gewisses anführen, da die lutherischen Pastoren bei ihrer Auswanderung alle Urkunden und Kirchenbücher mit sich genommen haben. Die ältesten vorhandenen Matrikeln der wieder eingesetzten katholischen Pfarrer gehen über das Jahr 1649 nicht hinaus. Vom 30. März 1655 bis 4. Juli 1671 ist die Seelsorge von den P. P. Dominikanern zu Außig versehen, nach dieser Zeit aber wieder ein eigener Pfarrer angestellt worden. Gegenwärtig stehen sowohl die Kirche als auch die Schule unter dem Patronate der Obrigkeit. Zum Sprengel dieser Pfarrei gehört außer Schönwald selbst keine andere Ortschaft. Die Dörfer Peterswald, Nollendorf und Böhmischkahn, welche in früheren Zeiten nach Schönwald eingepfarrt waren, sind späterhin unter eigenen Seelsorgern davon getrennt worden.
Etwa 1¾ Meilen nordwestlich von Nollendorf liegt auf Schönwalder Rustikalgründen der aus Basalt bestehende Spitzberg nahe an der sächsischen Grenze, so daß sein nördlicher Fuß schon das Gebiet des Königreichs Sachsen berührt. Man nennt ihn daselbst auch den Sattelberg, weil er von Dresden und dessen Umgebung aus gesehen mit einem Sattel Ähnlichkeit hat. Die Aussicht von diesem Berge umfaßt nicht bloß Dresden und dessen Umgebung längs der Elbe bis Pillnitz und Königstein, sondern auch einen Teil der Oberlausitz, Schlesiens und Böhmens.
Der durch das Dorf Schönwald fließende, etwa ½ Stunde südlich davon entspringende Bach nimmt seinen Lauf nach Sachsen, empfängt daselbst von dem Städtchen Gottleuba seinen Namen und ergießt sich bei Pirna in die Elbe. Bei dem Dorfe Schönwald, nächst dem Schloß und oberhalb dieses Ortes, befinden sich 6 kleine, mit Forellen besetzte Teiche. Die Bevölkerung ist sämtlich der katholischen Religion zugetan und spricht durchaus Teutsch.
Ungeachtet des rauhen Klimas, dessen Einflüssen die Gebirgsdörfer unterworfen sind, ist der Ackerboden doch von so guter Beschaffenheit und so leicht zu bearbeiten, daß er bei gehöriger Düngung hinlänglich ergiebige Ernten an Roggen, Hafer und Erbsen liefert. Der Flachs erreicht hier nicht selten eine Höhe von beinahe 2 Fuß und ist von erprobter Güte.
Jungferndorf oder Sandhöhe, ¾ Stunde östlich von Schönwald, zwischen Nollendorf und Peterswald an der Teplitzer Chaussee (Reichsstraße) (gelegen, ist) ein erst im Jahre 1805 gegründetes Dorf, hat 22 Häuser mit 98 Einwohnern. Seinen Namen hat es von dem es umgebenden Jungfernwalde erhalten. Jungferndorf, im Volke allgemein Sandhübel genannt, bestand 1787 noch nicht. Im Jahre 1813 hatte es 6 Hausnummern. Die übrigen Häuser entstanden von 1819 bis 1827, im Jahre 1848 waren es dann 24, die Zahl der bewohnten Häuser war 1921 auf 21 gesunken. Im Jahre 1839 heißt es amtlich: Alle diese Häusel stehen auf obrigkeitlichem Grunde. Weil aber die Erbpachtangelegenheit landesstellig noch nicht bewilligt worden ist, bestehen noch keine Grundbücher für den Ort. Die Insassen im neu angesiedelten Ort Jungferndorf hatten als Zins für das festgesetzte Ausmaß jährlich im Dezember 1 Strich4 Hafer (9 österreichische Pfund schwer), vorläufig auf zwölf Jahre festgesetzt, auf den herrschaftlichen Schüttboden zu liefern.
Die Chronik enthält dann die Namen der Ansiedler, die Orte ihrer Herkunft und das Datum der Bewilligung des Baues “eines Häusels”. Drei kamen aus Peterswald, zwei aus Schönwald, einer aus Streckenwald, einer aus Tyssa und je ein weiterer Neusiedler aus Nestomitz, Deutschneudörfel, Schüttemitz, Ulgersdorf, Bensen, Landshut in Schlesien, Frohstadt in Preußisch Polen, Schönau bei Hainspach und Niedergrund. Jungferndorf war nach Nollendorf eingeschult und eingepfarrt.
Streckenwald und Adolfsgrün
Streckenwald, das auf dem Kamm des Erzgebirges in 753 m Höhe zwischen Ebersdorf und Schönwald lag, wurde ebenfalls um 1230-1253, als König Wenzel die Kolonisation des Erzgebirges förderte, gegründet. Die Siedler kamen aus Sachsen, Thüringen und Schlesien. Streckenwald wurde erstmals am 5. Januar 1437 urkundlich genannt, als Kaiser Sigismund von Luxemburg (1410-1437) den Hof von Streckenwald an Adolf Theler, der ihn 50 Jahre behielt, mit allem Zubehör verlieh.
Im Jahre 1487 bereits kam Streckenwald zur Herrschaft Graupen – neunzehn Jahre vor Peterswald, Schönwald und Nollendorf, die erst im Jahre 1506 dazu kamen und bis zum Jahre 1579 dabei blieben. Als im Jahre 1580 unter Kaiser Rudolf II. (1576-1610) die Herrschaft Graupen aufgelöst wurde, kaufte der kaiserliche Hofrat Melchior von Breitenbach den Hof Streckenwald. Sechs Jahre später wurde die egerländische Familie von Steinbach Besitzer des Hofes Streckenwald und vereinigte ihn mit ihrem Gut in Schöbritz bei Aussig. Nach 42jähriger Zugehörigkeit zu Schöbritz verkaufte nach dem Tode des Herrn von Steinbach dessen Witwe Streckenwald im Jahre 1628 an den Hauptmann Alexander Regnier von Bleyleben, der auch Besitzer der Geiersburg bei Mariaschein war.
Von Bleyleben stand im Dienste des Kaisers. Er war es, der beim Aufstand des böhmischen Adels den vom Kurfürsten in Sachsen gefangenen und an den Kaiser ausgelieferten Oberstlandrichter Graf Joachim Andreas von Schlick, Besitzer der Herrschaft Elbogen, nach Prag brachte, wo er am 21. Juni 1621 als erster auf dem Altstädter Ring hingerichtet wurde. Hauptmann Alexander Regnier von Bleyleben verkaufte im Jahre 1655den Hof Streckenwald an den Grafen von Martinitz. Von Martinitz besaß Streckenwald 32 Jahre lang. Danach kaufte Oktavian Karl Reichsgraf von Cavriani 1687 den Hof Streckenwald, den im Jahre 1707 ein Sohn des Grafen von Cavriani, Johann Ludwig von Cavriani, übernahm. Aber auch die Grafen von Cavriani blieben nicht lange, denn 1725 hatte der Hof Streckenwald schon wieder einen neuen Besitzer. Es war Josef von Hartig. Nach dessen Tod im Jahre 1795 kaufte Johann Graf zu Stielar den Hof Streckenwald.
Im Jahre 1811 wurde Graf August Klemens Engelbert von Ledebur Besitzer von Streckenwald. Ihm folgte 1875 Adolf von Ledebur. Er war der Gründer von Adolfsgrün. Ab 1886 hieß der Besitzer des Hofes Streckenwald Franz von Ledebur, dem 1893 als letzter Besitzer Johannes von Ledebur folgte.
Der Dreißigjährige Krieg (1618-1648) brachte für die Bewohner Streckenwalds viele Leiden. Die Schweden zogen durch den Ort und plünderten ihn. Aber auch die Sachsen, die wiederholt Raubzüge nach Böhmen unternahmen, verursachten Schaden. Die Bevölkerung flüchtete in die damals noch dichten Wälder des Erzgebirges. Als der Krieg zu Ende war, blieben in Streckenwald von einigen dreißig Häusern nur noch 5 übrig. Nach dem Kriege wurde der Ort wieder aufgebaut. Seine Häuserzahl vergrößerte sich von 14 im Jahre 1654 auf 101 im Jahre 1901. Diese aufstrebende Entwicklung des Ortes wurde 1856 durch eine große Feuersbrunst unterbrochen. Es geschah an einem Abend, als bei starkem Wind im Hause Nr. 78 (beim Meier-Korl) durch Unvorsichtigkeit ein Schadenfeuer ausbrach. Da die meisten Häuser damals nur aus Bindewerk (Fachwerk) gebaut und mit Stroh gedeckt waren, fielen dem Brand 26 Häuser und 2 Scheunen zum Opfer. Als der neue Tag anbrach, lag die Mitte des Dorfes in Schutt und Asche. Dieses Feuer unterbrach aber nur kurz die Entwicklung des Ortes. Bereits 1843 wurde die Schule erbaut. Zuvor wurde im Hause Nr. 41 (beim Daniel-Hermann) unterrichtet. Seit dem Jahre 1772 gab es Hausnummern in Streckenwald, wie in allen Gemeinden der Donaumonarchie.
Um 1654 wurde die Schenke (Haus Nr. 31) erbaut, das erste Gasthaus Streckenwalds, das oft seinen Besitzer und seinen Namen wechselte. Sie war ein im Erdgeschoß gewölbter massiver Steinbau mit den für eine Schenke erforderlichen Räumen, nämlich der Schankstube mit Nebenstübel, Kuchel, Vorraum und Kellereien. Im Oberstock befand sich ein Tanzsaal. Stall und Scheuer waren ebenfalls vorhanden. Am 30. August 1762 wurde das der Herrschaft Schöbritz gehörige Wirtshaus, die alte Schenke in Streckenwald, durch den Grafen Franz Buquoi in Prag an einen Josef Beyl verkauft. Dazu gehörte ein mit drei Rainsteinen abgegrenztes Stück Grund von einem Strich Aussaat. Der Kaufpreis betrug 540 Florin5 (fl.) Rheinisch. Als Angeld waren 100 fl. zu erlegen, der Rest sollte in jährlichen Terminen zu 50 fl. getilgt werden. Der Wirt war verpflichtet, jedes Faß Bier, Wein oder Branntwein jedesmal richtig zu bezahlen und von jedem Faß 39 Kreuzer Zapfengeld an die Obrigkeit zu entrichten. Das Bier wurde dem Schenker durch die Roboter gratis geliefert und mußte unverfälscht, das heißt “unverwässert”, ausgeschenkt werden. Von anderwärts durfte er, bei Strafe von 10 Reichstalern, kein Getränk beziehen. Der Wirt war angewiesen, die Schenke stets in gutem Zustand zu erhalten. Die Gäste sollten aufs Beste bedient werden.
Josef Beyl bewirtschaftete die Schenke bis 1778, meist unter ungünstigen Umständen. Denn er beklagte sich oft und reichte bei der Obrigkeit wiederholt Beschwerden ein, in denen er zum Ausdruck brachte, daß er nicht mehr auskäme und unmöglich imstande sei, weiter zu wirtschaften, wo ihm alles durch die Feinde in der Kriegszeit abgenommen worden wäre. Das Wirtshaus würde am Ende über den Haufen fallen, wenn es ihm nicht abgenommen würde. Er drohte, er müsse es einfach stehen lassen und davongehen, was in der Folge dann auch geschah.
Als die Herrschaft keinen anderen Wirt fand, wurde dem Gemeinderichter aufgetragen, das Schenkhaus weiter zu führen, wenn nicht mit Güte, dann mit Gewalt! Damit hatte der Gemeinderichter keine andere Wahl, als einzuwilligen. Nur bat er sich von der Herrschaft gegen Zins einige Strich Felder aus. Diese Bitte wurde ihm gewährt, und er bekam 10 Strich Triesch von der alten Hutweide, der alten Kühetreibe, vorläufig für zwei Jahre ohne Zins geliehen.
Bis 1850 war die alte Schenke das alleinige Ortsgasthaus in Streckenwald. Anfang der 1850er Jahre wurde im Hause Nr. 69 (beim Hacker) ein zweiter Bierschank vom Besitzer und Schankwirt Karl Hacker eröffnet. Der Wirt hatte auch das Recht zum Schlachten und Backen. Die Schenke war der Ort, wo alle Bekanntmachungen und Amtshandlungen stattfanden. Letzter Besitzer war die Brauerei Aussig, der letzte Pächter hieß Albert Marzin. Die Konzession erlosch mit diesem Pächter im Jahre 1936. 282 Jahre hatte sie als Gasthaus gedient. Nach 1945 wurden die Streckenwalder aus ihrer Heimat vertrieben und die alte Schenke, wie später der ganze Ort, dem Erdboden gleichgemacht.
Wie bereits erwähnt, wurde Adolfsgrün im Jahre 1833 von dem Grafen Adolf von Ledebur als Waldarbeiterdorf gegründet und nach ihm benannt. Es lag südlich von Streckenwald auf dem Kamm des Erzgebirges in 750 m Höhe. Ursprünglich zählte es 10 Häuser. Im Jahre 1944 standen noch 8 Häuser und das Forsthaus. Die Einwohnerzahl betrug 30 Seelen. Politisch gehörte Adolfsgrün zur Gemeinde Streckenwald. Das zuletzt zuständige Postamt war Tellnitz. Eingepfarrt war Adolfsgrün nach Ebersdorf, die Kinder gingen nach Streckenwald zur Schule. Die Zechbergbaude am Südende des Ortes, die auf Ebersdorfer Grund steht, gehörte zu Scheithausers Gaststätte, die auch “Fichtelschänke” genannt wurde. Das Waldbad befand sich am Nordende zum Berghofe Waldesruh.
Adolfsgrün war ein bekannter Wintersportort. Die Skiwiese wurde von der Aussiger Jugend viel besucht. Eine stattliche Sprungschanze war hier errichtet worden, der nahe Zechberg lockte viele Skifahrer herbei. Mit seiner der Semmering-Straße ähnelnden Bergstraße von Tellnitz und dem schönen “Winterleitenweg” entwickelte sich Adolfsgrün zu einem gesuchten Ausflugspunkt und Luftkurort.