Mit der Postkutsche von Prag über Peterswald nach Dresden 1775 - 1851

1755 führte Österreich die Personenpost ein.  Damit eroberte sich auch in Böhmen der Postillion mit dem Wappenschild des Landes auf seiner Dienstkleidung einen neuen Wirkungskreis.  Bis dahin transportierte der ,,Schwager“ mit seiner Postkutsche vorwiegend Postgut.

Der Beförderung von Personen standen nicht wenige Hemmnisse gegenüber.  Vor allem behinderte die Beschaffenheit der Straßen den Wunsch auf ein zügiges und angenehmes Reisen.  Dazu kamen lange Wartezeiten bei Reparaturen, sowie die Angst vor bewaffneten Überffällen.  Ungünstige Wetterverhältnisse machten das Fahren mit der Postkutsche zudem nicht zu einem Vergnügen.  Aber allen Vorbehalten zum Trotz erblickte die k. und k. Postverwaltung in der Personenbeförderung einen bedeutsamen Fortschritt.

Bereits 1752 hatten Böhmen und Sachsen vertraglich vereinbart, daß jeweils von Prag und von Dresden aus wöchentlich je eine Post ,,abgeht“.  1754 richteten beide Staaten eine zweite Fahrpost je Woche in jeder Richtung ein, die sie in den folgenden Jahren – jetzt als zukunftsorientierte Personenpost – schrittweise auf alle Wochentage erweiterten.  Der Fahrweg führte von Prag über Budin und Lobositz nach Aussig, dann weiter auf der sogenannten Salzstraße (Dresdner Straße) über Postitz und Troschig nach der Grenzstation Peterswald und von hier über Pirna nach Dresden (und zurück).

Einen notwendigen Ausbau des Streckennetzes verhinderte zunächst der Siebenjährige Krieg (1756-63).  Doch auch in der Folgezeit bewegte sich zunächst nur wenig in Fragen Straßenbau.  Dabei löste der nicht gefestigte Fahrweg von Aussig nach Peterswald – von erbärmlicher Beschaffenheit, wie Zeitgenossen einschätzten – eine ständige Kritik aus.  Die Beanstandungen schwollen an, als ab 1777 Böhmen und Sachsen Diligencen (leichte Postkutschen, moderne Schnell- und Extraposten) einsetzten, um den Fahrkomfort zu verbessern und die Reisegeschwindigkeit zu erhöhen.  Durch geringe Kosten hatte man die größten Mängel der Wegstrecke abstellen können, doch der Magistrat von Aussig weigerte sich, mit finanziellen Mitteln zur Instandsetzung der Fahrstraße – selbst im eigenen Stadtgebiet – beizutragen.

Da weitere Verhandlungen zu keinem Ergebnis führten, beschloß die Landesregierung von Böhmen, die Poststraße unter Umgehung von Aussig von Prag über Laun und Teplitz nach Peterswald zu leiten und dabei unter anderem die Chaussee von Teplitz bis zur Landesgrenze auszubauen.  Aussig sollte durch eine Zubringerstraße über Türmitz die Anbindung an den neuen Reiseweg erhalten.  Die Stadtverwaltung von Aussig lehnte jedoch dieses Vorhaben ab und versuchte mit fundierten Eingaben sowie einem Gnadengesuch an den Kaiser zu erreichen, daß der alte Zustand wiederhergestellt werde.  Das gelang ihr nicht.  Eine entscheidende Ursache dafür dürfte darin zu suchen sein, daß Aussig damals ein unbedeutendes Landstädtchen war und noch lange nicht die geschäftige und gewichtige Industriestadt, wie sie in unserer Erinnerung erhalten geblieben ist.  So zählte der Ort noch 1830 nur 1760 Einwohner, im Vergleich dazu hatte Peterswald im gleichen Jahr 2240 Bewohner.

1805 war der Ausbau der Verbindung Teplitz-Arbesau-Peterswald im wesentlichen abgeschlossen, die Kaiserstraße, wie sie der Volksmund nannte, und der Personen- und Postverkehr konnte auf der neuen Route aufgenommen werden.  Die Salzstraße aber büßte ihren Rang und ihre Bedeutung ein.  Vorteile in der Reisegeschwindigkeit brachte die neue Streckenführung jedoch nicht.  Im Gegenteil: Benötigte man von Prag nachPeterswald über Lobositz und Aussig 10 bis 12, so waren es über Teplitz sogar 14 bis 15 Reisestunden.

Aussig erkannte recht schnell, daß kein Pfad die Stadt aus der mißlichen Lage führt und sie sich mit der neuen Situation abfinden muß.  Um die erlittene Benachteiligung zumindest abzuschwächen, leitete der Magistrat 1808 Schritte ein, mit dem Bau einer Verbindungsstraße nach Arbesau den Anschluß an die ,,Kaiserstraße“ herzustellen.

Durch die Kriegszeit unterbrochen war der Straßenbau 1817 abgeschlossen.  Arbesau erhielt neben Teplitz und Peterswald eine Poststation (mit Pferdewechsel), von Aussig kommende Post mußte hier abgestempelt werden.  Seit 1830 konnte man von dieser Poststelle aus über Königswald und Eulau auch nach Bodenbach und Tetschen reisen.

Das Jahr 1850 brachte dann eine entscheidende Wende im Personen- und Postverkehr von Prag nach Dresden, der Bahnbetrieb Prag-Aussig wurde aufgenommen.  Damit war die Abschiedsstunde des poesiereichen Zeitalters der Postkutsche angebrochen.  Zwar mußten Reisende in Aussig noch einige Monate vom gemütlichen Bahnabteil auf die weniger freundliche Postkutsche umsteigen, um über Arbesau und Peterswald nach der sächsischen Hauptstadt zu gelangen, doch schon im April 1851, nach Fertigstellung der Bahnlinie Aussig-Dresden, konnten sie mit der Eisenbahn über Bodenbach weitaus schneller und unkomplizierter als bisher in Richtung Dresden fahren.  Die Chaussee Teplitz-Arbesau-Peterswald verlor wie über 45 Jahre vorher die Salzstraße ihren überragenden Stellenwert.  Der Klang des Posthorns verstummte.

Aussig aber hatte mit der Inbetriebnahme der Bahnstrecke Prag-Dresden den Anschluß an den Fernverkehr erhalten.  Damit waren eine wichtige und notwendige Basis für ein rasches Wachstum der Stadt gelegt und gleichzeitig die einstige Brüskierung gesühnt.

Quelle: Dr. F. J. Umlauft, Geschichte der deutschen Stadt Aussig.

F. Kriesche (leicht gekürzt)