Verständigung – Freundschaft – Frieden
ist neuer Teil der Inschrift des 1796 errichteten und 2008 restaurierten Barockkreuzes auf dem Friedhof in Peterswald/Petrovice, zu dessen Einweihung am 31. Mai 2008
einheimische Tschechen und vertriebene Deutsche, insgesamt 150 im Alter zwischen sechs und 87 Jahren, sich begegneten.
Liane Jung, Betreuerin der heimatvertriebenen Peterswalder, begrüsste die Anwesenden, namentlich Generalvikar Monsignore Karel Havelka,
den stellvertretenden Peterswalder Bürgermeister Walter Wolf, den Restaurateur des Kreuzes, Michal Bilek aus Peterswald,
den Markersbacher Männerchor und den Peterswalder Kinderchor. Sie verlass ein Grusswort von Bernhard Bessel, Bürgermeister der Stadt Hainburg,
der deutschen Patengemeinde von Peterswald, und Schirmherr der vertriebenen Peterswalder. Bessel gratulierte zur Einweihung des restaurierten Barockkreuzes
und bedauerte, an der Einweihungsfeier nicht teilnehmen zu können. Er dankte den Initiatoren der Restaurierung (Liane Jung, Renate von Babka,
Rüdiger Waurig und Dr. Rudolf Pueschel), den für die Finanzierung verantwortlichen 25 Spendern, und dem Peterswalder Bildhauer Michal Bilek
für die handwerklich und künstlerisch gelungene Arbeit. Die Restaurierung des Friedhofskreuzes ist ihm Beweis für den Wahrheitsgehalt von Friedrich von Schillers Worten:
„Die Heimat ist wohl das Teuerste, was Menschen besitzen“ Wörtlich schrieb er: „ … wer seine Heimat und seine Herkunft im Herzen lebendig hält,
kann auch die Kraft aufbringen, die Zukunft mit Maß, Stetigkeit, Geduld, Mut und Zuversicht zu gestalten“. Und weiter: „…dieses schöne Kreuz, das heute neu geweiht wird,
(steht) nicht nur für (Ihre) Würde und Verbundenheit mit Ihrer Heimat, sondern auch für Ihren tiefen und festen Glauben (an Gott), der Ihnen auch in den schwierigsten Situationen Halt gegeben hat;
so konnten Sie Ihrem Leben immer Richtung geben, statt innerlich leer und nach außen orientierungslos zu werden.“
Dann segnete Generalvikar Monsignore Havelka aus Leitmeritz/Litomerice das Kreuz. Er nannte die Restaurierung ein grosses Werk, das sich sehen lassen kann,
und belohnte die Spender und den Restaurateur mit einem herzlichen „Vergelt’s Gott“. Er äusserte die Hoffnung, dass das Unrecht der Vertreibung sich nie wiederholen möge.
Auf das Heilige Kreuz deutend erinnerte er an die Erlösung und Versöhnung der Menschheit durch Jesus Christus. Die Einsegnung endete mit gemeinsamen Beten
des „Vaterunser“ und „Gegrüsset seist du Maria“, und dem Singen der Hymne „Grosser Gott wir loben Dich“.
Des Monsignore Worte erinnerten den Rezensenten an eine Szene, die das Fernsehen vor ziemlich genau 40 Jahren ausstrahlte: Es war zur Zeit des Prager Frühlings,
als der damalige kommunistische Parteichef Dubcek dem Kommunismus in der Tschecho-Slowakischen Sozialistischen Volksrepublik einige menschliche Züge zu verleihen versuchte.
Dabei erschien er einmal auf dem Balkon des Hradschin, um die Huldigungen zigtausend seiner Anhänger entgegen zu nehmen. Mikrofon oder Lautsprecher standen ihm nicht zu Verfügung.
Also deutete Dubcek zuerst auf sich, dann auf die Menge, und breitete danach seine Arme als Geste der Umarmung aus. Auch diese Gebärde symbolisierte das Kreuz,
das somit auch ausserhalb der christlichen Religion Bedeutung hat: Des Kreuzes Pfosten symbolisiert eine Beziehung zwischen Erde und Himmel und damit zwischen Gott und den Menschen.
Sein Balken symbolisiert die ausgestreckten Arme des Erlösers als Symbol für zwischenmenschliche Beziehungen. Somit ist das Kreuz Sinnbild für Verständigung,
Freundschaft und Frieden zwischen den Menschen, unabhängig von ihrer Rasse, Religion, Nationalität oder politischen Einstellung.
Walter Wolf, stellvertretender tschechischer Bürgermeister von Peterswald, begrüsste die Teilnehmer im Namen des Bürgermeisters und der Gemeindevertreter.
Er bezeichnete die Kreuzeinweihung einen Beweis für ein friedliches Nebeneinander der gegenwärtigen tschechischen mit den früheren deutschen Einwohnern Peterswalds,
trotz der „Zeit der Finsternis in unseren Beziehungen … zwischen den Jahren 1938-45 und (in der) nachfolgenden Zeit“. Er verkündete, der Renovierung des Barockkreuzes
die Erhaltung und Restaurierung der Ruine der Peterswalder Barockkirche, die er als Dominante und Kulturgut seiner Gemeinde betrachtet, folgen zu lassen.
Er gab der Hoffnung Ausdruck, zu deren Einweihung alle Anwesenden wieder begrüssen zu können.
Zum Schluss der Feier dankte Renate von Babka den Gästen für ihr Kommen. Sie zitierte aus einem der letzten Briefe des Nollendorfer Willibald Bail,
der sich auf die Einweihung des Kreuzes gefreut hatte, dessen Teilnahme der Tod dann aber unmöglich machte. Er schrieb: „Die Jugend will Frieden und Versöhnung.
Ihr fällt es leichter, zu vergeben, weil sie Missetaten und Enteignung nicht erleben musste. Es gibt so viele Tschechen, die uns die Hand zur Versöhnung, zum Frieden reichen (wollen).
Es wäre neues Unrecht, dieses Einsehen der Tschechen nicht annehmen zu wollen.“
Die deutschen Initiatoren und Spender der Kreuzrestaurierung verabschiedeten sich von den deutschen und tschechischen Teilnehmern in der Überzeugung,
einen wertvollen Beitrag nicht nur zur sudetendeutschen Erinnerungskultur, sondern auch zur Verständigung zwischen beiden Völkern geleistet zu haben,
ganz im Sinne von Willi Bail, der christlichen und anderer Religionen, und der bereits 1950 verabschiedeten „Charta der deutschen Heimatvertriebenen“.